Zur Definition von Scotch Whisky

von Rudolf Ahr

Fakten, Hintergründe, Auswirkungen

Whisky, insbesondere schottischer Whisky, hat eine lange Geschichte. Das betrifft nicht nur die Produzenten des Getreidedestillats, sondern auch die gesetzlichen Bestimmungen, die die Herstellung und den Vertrieb von Whisky regeln. Diese Regularien haben ihre eigene, spannende Entwicklungsgeschichte, die auch für den erfahrenen Genießer mancherlei Überraschungen und Einsichten bereithält.

In diesem Text möchte ich auf wesentliche Aspekte dieser Festlegungen für schottischen Whisky näher eingehen, ihren Ursprung beleuchten und ihre aktuellen Auswirkungen betrachten. Zu manchen herausragenden Punkten gibt es dabei mehr zu erzählen, weniger traditionsreiche Bestimmungen werde ich dagegen nur der Vollständigkeit halber aufführen.

Über die Jahre ist die Definition von Scotch Whisky und seiner Ausprägungen Malt, Grain und Blend zunehmend umfangreicher, komplexer und spezifischer, aber dadurch auch restriktiver geworden. Die erste offizielle Definition von Scotch Whisky entstand aus der "Was ist Whisky?" Debatte Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. In der Stellungnahme der Königlichen Kommission vom 28. Juli 1909 heißt es, dass Whisky eine Spirituose sei, gewonnen durch Destillation einer Maische aus Getreide, deren Zuckergehalt durch die Diastase aus Malz erzeugt wurde (nach Lockhart, S.50). Die Stärke der Getreidekörner muss also durch das Enzym Diastase aus gemälzter Gerste in Zucker umgewandelt worden sein.

Ausgehend von dieser ersten groben Beschreibung hat sich die Definition unter anderem über den "Scotch Whisky Act 1988" und die "Scotch Whisky Order 1990" bis zu den heute geltenden "Scotch Whisky Regulations 2009" entwickelt. Definitionen, die zwischen 1909 und 1988 eingeführt wurden, betrachte ich hier nicht im Detail. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die Begriffe, aber auch die Herstellungsmethoden, immer weiter eingegrenzt und schließlich auch geografische Aspekte in die Definition integriert. Die Bestimmungen orientierten sich dabei stark an der jeweils aktuellen Praxis, und verfolgten insbesondere das Ziel, Scotch Whisky als Produkt eindeutig und unverwechselbar zu beschreiben, um so Produkt(ver)fälschungen zu erschweren, wenn nicht unmöglich zu machen, schlossen durch ihre zunehmende Eingrenzung aber auch mögliche Entwicklungswege von vornherein aus. Sehr stark beeinflusst wurde die Gesetzgebung von der Scotch Whisky Association (SWA), am 3. Oktober 1912 als Wine and Spirit Brand Association gegründet, die viele ihrer Anliegen zum Schutz der schottischen Whiskyindustrie in den Gesetzestext integrieren konnte. Dabei wurde nicht zuletzt auch auf eine verbesserte rechtliche Durchsetzbarkeit durch die weitgehende Ausschaltung von Grauzonen geachtet.

Durch die Festschreibung des Status quo in Form von exakten Festlegungen wurde so eine eindeutige Beschreibung von Scotch Whisky geschaffen, die allerdings gleichzeitig kaum noch Freiraum für Entwicklungen innerhalb des Produktbegriffs lässt. Für alle Produkte, die nicht mehr in das enge Begriffsraster fallen, müssen deshalb neue oder für den Konsumenten ungewohnte Bezeichnungen gewählt werden.

Der Begriff Scotch Whisky

Die heute geltende Definition setzt sich aus einer größeren Anzahl von Begriffsbestimmungen und darauf aufbauenden Einzelfestlegungen zusammen, wobei für die drei Kategorien Malt Whisky, Grain Whisky und Blended Whisky jeweils alle relevanten Punkte erfüllt sein müssen, damit das Endprodukt die Bezeichnung Scotch Whisky tragen darf.

Es können dabei vier Gruppen von Festlegungen unterschieden werden:

  • Begriffsdefinitionen im Rahmen der jeweiligen Verordnung
  • Regelungen, die direkt die Herstellung von Scotch Whisky betreffen
  • Regelungen zur geografischen Eingrenzung der Produktions- und Lagerstandorte
  • Weitergehende Anforderungen an die Produkteigenschaften
Einige dieser Einzelbestimmungen möchte ich im Folgenden hinsichtlich ihres Ursprungs und ihrer Wirkung genauer untersuchen. Ich konzentriere mich dabei auf die Herstellung von Scotch Whisky, gehe aber auch kurz auf regionale Aspekte ein.

Regelungen, die die Produktion betreffen

  • 3 Jahre Lagerzeit
Diese Regelung hat eine zentrale Bedeutung bei der Herstellung von Whisky, nicht nur von schottischem, und eine eigene, umfangreiche Geschichte. Deshalb lohnt es sich, hier etwas weiter auszuholen und in die Details zu gehen.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs stand Schottland kurz vor der Einführung der Prohibition nach russischem Vorbild. Aufgrund der Darstellungen der Abstinenzbewegung über den negativen Einfluss von Alkohol auf die Leistung der britischen Arbeiterschaft war der damalige Schatzkanzler David Lloyd George (1863–1945, Schatzkanzler 1908–1915, Premierminister 1916–1922) im ersten Kriegsjahr 1914 mehr als geneigt, alle Destillerien Großbritanniens zu schließen. Durch den Einsatz von W. H. Ross, dem damaligen Geschäftsführer der Distillers Company Limited (DCL) konnte Lloyd George jedoch von der kriegswichtigen Bedeutung von Alkohol überzeugt werden. Die DCL produzierte nicht nur Hefe, die für das Backen von Brot gebraucht wurde, sondern Alkohol wurde auch zur Herstellung von Explosivstoffen, Betäubungsmitteln und Beschichtungen von Flugzeugen benötigt.

Nach weiteren schwierigen Verhandlungen zwischen Regierung und Industrie wurde die Versorgung der Bevölkerung mit Whisky stark eingeschränkt, aber keine Prohibition eingeführt. James Stevenson, Direktor von John Walker & Sons und rechte Hand von Lloyd George, konnte seinen Chef, der 1915 Munitionsminister wurde, davon überzeugen, dass speziell der junge, billige Whisky das Trunkenheitsproblem verursachte. Daraufhin wurde am 19. Mai 1915 der Immature Spirits (Restriction) Act verabschiedet. Darin wurde ein gesetzlicher Zollverschluss von neu hergestelltem Whisky von zunächst zwei, nach weiteren 12 Monaten von drei Jahren eingeführt. Zudem wurden Destillerien verpflichtet, Azeton herzustellen, um von amerikanischen Lieferungen unabhängig zu werden. Durch diese Maßnahmen konnte die Whisky-Industrie den Krieg überleben (nach Lockhart S. 89-91).

Es gab nach dem Krieg mehr als nur einen Vorstoß im Unterhaus, die Mindestlagerung wieder abzuschaffen oder zu verkürzen, die Anträge fanden aber kein Gehör und wurden abgewiesen. 25. Februar 1919: Die Frage von Colonel Ashley, warum es noch die Beschränkung gibt, Whisky erst nach Ablauf einer Lagerfrist in den Verkehr zu bringen, nachdem der Krieg vorbei sei, wird von Mr. Roberts als Frage der Politik bezeichnet, die er nicht zu entscheiden habe. Die Frage wird als zu diesem Zeitpunkt nicht entscheidbar zurückgestellt (nach Hansard 25.02.1919). 8. Dezember 1919: Die Frage von Mr. Tillett, ob es nicht angesichts der Knappheit von Whisky angebracht wäre, die Mindestlagerzeit von Whisky von drei Jahren auf ein Jahr zu senken, wird von Finanzminister Sir Austen Chamberlain (1863–1937, Finanzminister 1919–1921) abschlägig beantwortet. Der Finanzminister ist der Auffassung, dass der Bestand an gereiftem Whisky in den Lagerhäusern für die Befriedigung eines angemessenen Bedarfs ausreicht (nach Hansard 08.12.1919). Was unter angemessenem Bedarf zu verstehen wäre, hat er nicht ausgeführt.

Die 1915 eingeführte dreijährige Mindestlagerzeit gilt unverändert bis heute. Erst nach Ablauf dieser Frist darf das Destillat unter der Bezeichnung Scotch Whisky abgefüllt werden. Das gilt für Grain Whisky und Blends ebenso wie für Single Malt. Die Regelung, nach der das Alter eines Whiskys durch das Alter des jüngsten darin enthaltenen Einzelwhiskys bestimmt wird, hängt ebenso mit dem Immature Spirits (Restriction) Act zusammen. 9. Juni 1915: Die Frage von Sir J. D. Rees im Unterhaus, ob es richtig sei, dass von den Zollbeamten als Alter von Blends das Alter des jüngsten darin enthaltenen Whiskys, statt dem Durchschnittsalter aller darin enthaltenen Whiskys verwendet wird, wird von Schatzkanzler Reginald McKenna (1863–1943, Schatzkanzler 1915–1916) mit Ja beantwortet (nach Hansard 09.06.1915). Das wird bis heute so gehandhabt.

Die einzige Auswirkung auf die heutige Whiskyindustrie ist, dass die Betreiber von neu eröffneten Destillerien ihre ganz jungen Erzeugnisse noch nicht Whisky nennen dürfen, und sich andere Bezeichnungen, z. B. Spirit Drink, dafür ausdenken müssen. Trotzdem wird bezüglich der Lagerzeiten im Angebot die volle Bandbreite von ungelagertem New Make über die Mindestlagerzeit von 3 Jahren bis zum durch die Verdunstung fast leeren Fass ausgeschöpft.

Auch außerhalb von Schottland müssen sich viele Whiskyproduzenten an die schottische Regelung halten. Im Bereich der EU sind die drei Jahre Mindestlagerzeit in der Definition von Whisky in der EU Verordnung 110/2008 enthalten. Damit sind alle Produzenten von Whiskys mit Sitz innerhalb der EU an diese Mindestreifezeit gebunden. Erst danach dürfen sie ihre Erzeugnisse als Whisky deklarieren.
  • Lagerung in Eichenfässern (Eingeschränkt seit 1990)
Die Einschränkung, dass diese Lagerung bei Scotch Whisky in Eichenfässern erfolgen muss, ist relativ neu und wurde erst 1990 in die Regelung aufgenommen (Scotch Whisky Order 1990). Bis dahin durften beliebige Holzfässer für die Lagerung verwendet werden. Aber ganz praktische Gründe hatten dazu geführt, dass sowieso fast ausnahmslos Eichenfässer Verwendung fanden. Das hat vor allem mit den Eigenschaften von Eiche als Material für Fässer zu tun. Es bietet die ideale Kombination von Dichtigkeit und Atmungsfähigkeit, bei gleichzeitiger guter Biegsamkeit im erhitzten Zustand. Zudem ist Eiche ein sehr robustes Holz, das auch mechanische Beanspruchungen durch Rollen und ähnliches gut verkraftet. Deshalb wurden Fässer für Bourbon und Sherry, aber auch für Rum, Cognac, Port und diverse andere Weine fast immer aus Eiche gefertigt. Und ebendiese Fässer wurden auch für die Lagerung von Scotch Whisky weiterverwendet. So hatte diese Einschränkung von beliebigen Holz- auf Eichenfässer keine spürbare Auswirkung auf die Produktion von Scotch.

Außerhalb Schottlands gilt in der EU weiterhin die allgemeinere Regelung, dass Holzfässer für die Lagerung zu verwenden sind (EU Verordnung 110/2008). Dies entspricht dem Stand von 1988 für schottischen Whisky (Scotch Whisky Act 1988). Nur für schottischen Whisky gilt heute die zusätzliche Eingrenzung auf Eichenfässer.

Ein Hersteller von Scotch Whisky darf also beispielsweise kein Fass aus Kastanienholz für die Reifung seines Whiskys nutzen. Damit sind Geschmacksprofile, die sich daraus ergeben könnten, für ihn, zumindest auf diesem Wege, nicht darstellbar.
  • Fassgröße nicht über 700 Liter
Die größten Fässer, die regelmäßig für die Lagerung von Whisky verwendet werden, sind Sherry Puncheons mit einem Fassungsvermögen von ca. 670 Litern. Da sich das Verhältnis von Inhalt zu Innenfläche mit zunehmender Größe immer weiter erhöht, ist es wenig sinnvoll, größere Fässer für die Lagerung einzusetzen, da sich der Reifeprozess durch den verminderten Kontakt zur Innenfläche zunehmend verlangsamen würde. Diese erhöhte Reifezeit durch größere Fässer wäre nicht wirtschaftlich. Zudem werden aus praktischen Gründen keine Fässer eingesetzt, die sich nicht durch eine einzelne Person bewegen lassen. Auch dadurch ist die Größe der Fässer auf sehr pragmatische Weise begrenzt.

Es ist also kaum verwunderlich, dass auch diese Festlegung keine echte Einschränkung für die Produzenten von Scotch Whisky darstellt. Auch diese Regelung findet sich in der EU Verordnung 110/2008 wieder.

Was im Rahmen der legalen Optionen immer wieder gern verwendet wird, sind besonders kleine Fässer, die eine beschleunigte Reifung ermöglichen. Dadurch lässt sich in kurzer Zeit ein intensives Aroma erzeugen. Prominente Vertreter dieser Spezies kleiner Fässer sind Quarter Casks ("Viertel-Fässer", ca. 125 l, oder ein halbes Hogshead) und Octave Casks ("Achtel-Fässer", um 50 l).

Abgesehen von der maximalen Größe, werden über die sonstigen Eigenschaften der zur Lagerung zugelassenen Eichenfässer keine Angaben gemacht. Aus manchen Reaktionen der SWA lässt sich jedoch schließen, dass sie unter zulässigen Fässern solche versteht, die in traditioneller Weise hergestellt wurden. Also z. B. ohne zusätzliche Dauben, die nicht zur Außenwandung gehören. John Glaser von Compass Box wurde aus diesem Grund durch die SWA gezwungen, die Herstellung seines Blends "The Spice Tree" komplett zu überarbeiten, da die ursprünglich dafür verwendeten, mit Dauben aus französischer Eiche modifizierten, Fässer nicht den Vorstellungen der SWA entsprachen (TheSpiceTree.pdf).

Üblicherweise werden die verwendeten Fässer auch mehr oder weniger stark ausgekohlt sein, um überhaupt als Lagerfass für Whisky in Frage zu kommen. Ein Whisky aus einem nicht ausgekohlten Fass wird aufgrund der fehlenden Filterwirkung der Kohleschicht wenige Freunde finden. Was aber zulässig ist, und in letzter Zeit auch verstärkt zu beobachten ist, ist der Einsatz von frischen Eichenfässern (Virgin Casks), in denen vor dem Einfüllen von schottischem New Make/Whisky keine andere alkoholische Flüssigkeit gelagert wurde.

So werden die verfügbaren Freiheitsgrade in Bezug auf Eichenfässer für die Reifung (neu vs. gebraucht, klein bis groß, verschiedene Erstbefüllungen, Blending von Whiskys aus verschiedenen Fässern, Umfüllen während der Reifezeit in andere Fässer) soweit wie möglich ausgenutzt.
  • Begrenzung des Alkoholgehalts des Destillats auf 94,8 % ABV
Für Malt Whisky aus Pot Stills ist diese Regelung irrelevant, da solche Alkoholgehalte dort nicht erreicht werden können. Diese Festlegung bezieht sich vielmehr auf die Produktion von Grain Whisky in kontinuierlichen Anlagen. Sie soll gewährleisten, dass der produzierte Grain Spirit nicht geschmacksneutral wird, sondern noch ein getreidetypisches Geschmacksprofil aufweist. Dies ist auch für das Blending von Bedeutung, da hier kein neutraler Alkohol verwendet werden darf, sondern nur Malt und Grain Whisky gemäß den niedergelegten Produktionsvorschriften. Auch diese Regelung findet sich in der EU Verordnung 110/2008 wieder.

Zu den Bezeichnungen ABV (= Alcohol by volume) und UK Proof siehe die zugehörigen Artikel in der englischsprachigen Wikipedia: Alcohol by volume und Alcohol proof. Im letztgenannten Artikel wird auch auf den wichtigen Unterschied zwischen UK Proof und US Proof eingegangen.
  • Mindestalkoholgehalt des Endprodukts von 40 % ABV (Ergänzt 2009)
Bis vor dem Ersten Weltkrieg wurde Scotch Whisky üblicherweise auf 75 UK Proof, entsprechend 43 % ABV, gebracht, bevor er in Flaschen abgefüllt wurde. Noch während des Kriegs wurde 1917 aus Gründen der Rationierung der Gerste die Trinkstärke von Whisky für den britischen Markt auf 70 UK Proof, entsprechend 40 % ABV, gesenkt. Für den Export wurde dagegen oft an den alten 75 UK Proof festgehalten (nach Keegan S. 54, Lockhart S. 74).

Der Mindestalkoholgehalt von 40 % ABV für Whisky wurde über die Jahrzehnte beibehalten und fand schließlich auch Einzug in die europäische Gesetzgebung. Er stellt somit ebenfalls ein Erbe des Ersten Weltkriegs dar.

Oberhalb der Untergrenze von 40 % ABV findet man über gängige Zwischenstufen von 43, 45, 46 und 50 % ABV bis zur unverdünnten Fassstärke von bis zu über 60 % ABV alle möglichen Alkoholstärken.
  • Malt Whisky muss in Pot Stills destilliert werden (Ergänzt 2009)
Diese erst 2009 eingeführte Regelung stellt zwar in Schottland den Stand der Dinge dar, verhindert aber, dass ein Whisky, der in Schottland auf andere Weise aus gemälzter Gerste hergestellt würde, unter der Bezeichnung Scotch Malt Whisky verkauft werden könnte. Er würde, wie oben erwähnt, in die Kategorie Scotch Grain Whisky fallen.

Als Beispiel sei die Herstellung von Whisky aus 100 % gemälzter Gerste im kontinuierlichen Verfahren in Destillierkolonnen genannt. Der japanische Produzent Nikka kann einen solchen Whisky als Malt Whisky vermarkten, da er ja zur Gänze aus Gerstenmalz hergestellt wurde. Nach schottischem Recht müsste solch ein Whisky aber als Grain bezeichnet werden, da er zwar aus Malz hergestellt wurde, aber für die Bezeichnung Malt Whisky die Destillation in Pot Stills Voraussetzung ist.
  • Verbot des Zusatzes von Additiven, abgesehen von Wasser und Zuckerkulör (Ergänzt 1990)
Aromatisierte Spirituosen auf Whiskybasis, die durch Zusatz von Honig, Obstsäften und ähnlichem hergestellt werden, dürfen nicht unter der Bezeichnung Scotch Whisky verkauft werden. In den Scotch Whisky Regulations 2009 wird in den Anforderungen an die Produkteigenschaften explizit darauf verwiesen, dass der Geschmack des Whiskys allein durch die zulässigen Ausgangsstoffe Getreide/Gerstenmalz, Hefe und Wasser, den vorgeschriebenen Herstellungsprozess (z. B. bei Malt Whisky die Destillation in Pot Stills) in Schottland und die mindestens dreijährige Reifung in vorschriftsmäßigen Eichenfässern in Schottland zustande kommen darf. Eine darüber hinaus gehende Einflussnahme ist nicht zulässig.

Durch das Verbot des Zusatzes von Alkohol wird verhindert, dass Whisky, dessen Alkoholgehalt während der Lagerung unter die 40 %-Grenze gefallen ist, durch einfachen Zusatz von reinem Alkohol wieder verkaufbar gemacht werden kann. Zulässig ist dagegen das Blenden dieses Whiskys mit Whiskys mit höherem Alkoholgehalt, um dadurch wieder einen Gesamtgehalt von über 40 % zu erreichen. Dies wird z. B. in der Serie Lonach des unabhängigen Abfüllers Duncan Taylor praktiziert.

Regelungen mit geografischem Bezug

Eine Festlegung zur Herkunft des verwendeten Getreides zur Herstellung von Scotch Whisky gibt es bislang noch nicht. Noch ist also der Bezug des Getreides auf dem Weltmarkt zulässig und aufgrund der benötigten Mengen oft auch notwendig. Trotzdem ist aktuell eine verstärkte Hinwendung zu einheimischem und teilweise sogar lokal angebautem Getreide als Ausgangsbasis festzustellen. Dies ist einer zunehmenden Anwendung des Begriffs Terroir auf Scotch Whisky zuzuschreiben. Dieser ursprünglich aus der Weinsprache stammende Begriff hat den Bezug des Whiskys zur Landschaft, in der er hergestellt wird, zum Inhalt. Inzwischen wird auf Single Malt Abfüllungen immer öfter die Herkunft der Gerste als besonderes Alleinstellungsmerkmal an prominenter Stelle angegeben.
  • Produktion in Schottland
Das schottischer Whisky in Schottland hergestellt sein sollte, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Diese explizite Festlegung hat vor allem zwei Ziele. Zum einen soll verhindert werden, dass durch bloße Abfüllung eines ausländischen Erzeugnisses in Schottland Scotch Whisky erzeugt werden kann. Zum anderen erleichtert sie die Verfolgung von ausländischen Produktpiraten, die irgendwelchen Kornbrand als Scotch Whisky verkaufen wollen.
  • Lagerung in Schottland
Auch diese Festlegung dient zunächst dem Schutz vor Plagiaten. Sie folgt jedoch ebenso dem oben angesprochenen Gedanken des Terroir, insofern das Klima in Schottland einen nicht unwesentlichen Faktor bei der Reifung des Whiskys darstellt. Hier wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Standort des Lagerhauses einen spürbaren Einfluss auf den Charakter des dort gelagerten Whiskys hat. Soll der Whisky also ein rein schottisches Produkt sein, muss auch die Reifung in Schottland erfolgen. Darüber hinaus wird die Positionierung eines Lagerhauses innerhalb von Schottland, z. B. direkt neben der Destillerie an der Küste, gerne als Marketingargument gebraucht.

Aber auch die klimatischen Bedingungen spielen hier eine Rolle. Eine dreijährige Lagerung im kühlen Klima Schottlands ist nicht vergleichbar mit einer ebenso langen Lagerung im tropischen Klima Taiwans. Je höher die Temperaturunterschiede (sowohl täglich als auch jahreszeitlich) desto höher die Atmungsaktivität der Fässer und damit die Geschwindigkeit der Reifung. Die mittlere Temperatur und Luftfeuchtigkeit spielen eine vergleichbare Rolle. Dadurch wird auch die Lagerung in Schottland zu einem unverzichtbaren Kriterium für die Bezeichnung Scotch Whisky.

Quellen:

Literatur:
Keegan, Alan, Scotch in Miniature: A Collector’s Guide to Whisky Miniatures; Revised Edition; Gartocharn, 1986
Lockhart, Sir Robert Bruce, Scotch: The Whisky of Scotland in Fact and Story; 8. Edition; 2011

Gesetzgebung:
EU-Verordnung 110/2008: Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89. Letzte konsolidierte Fassung: 02008R0110-20160222. Abgerufen unter eur-lex.europa.eu.

Immature Spirits (Restriction) Act 1915: UK Public General Acts, 1915 Chapter 46. Abgerufen unter Legislation.gov.uk.

Scotch Whisky Act 1988: UK Public General Acts, 1988 Chapter 22. Abgerufen unter Legislation.gov.uk. [Aufgehoben durch die Scotch Whisky Regulations 2009]

Scotch Whisky Order 1990: UK Statutory Instruments, 1990 No. 998. Abgerufen unter Legislation.gov.uk.

Scotch Whisky Regulations 2009: UK Statutory Instruments, 2009 No. 2890. Abgerufen unter Legislation.gov.uk.

Hansard (Britische Parlamentsprotokolle):
Hansard 09.06.1915: HANSARD 1803–2005 → 1910s → 1915 → June 1915 → 9 June 1915 → Commons Sitting → TERRITORIAL FORCE. Abgerufen unter hansard.millbanksystems.com.

Hansard 25.02.1919: HANSARD 1803–2005 → 1910s → 1919 → February 1919 → 25 February 1919 → Commons Sitting → ORAL ANSWERS TO QUESTIONS. Abgerufen unter hansard.millbanksystems.com.

Hansard 08.12.1919: HANSARD 1803–2005 → 1910s → 1919 → December 1919 → 8 December 1919 → Written Answers (Commons). Abgerufen unter hansard.millbanksystems.com.

Danksagung:

Ich danke Jörg Spormann für Kritik und Anregungen beim Verfassen dieses Textes.

© Rudolf Ahr 2016

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